ORF-„Lange Nacht der Viennale“ am 27. Oktober: „Viennale Spezial“ und zwei preisgekrönte österreichische Kino-Dokumentarfilme

Wien (OTS) – Auch heuer präsentiert der ORF wieder eine „Lange Nacht
der
Viennale“, die am Montag, dem 27. Oktober 2025, in ORF 2 sowie auf
ORF ON die tags darauf zu Ende gehende 63. Ausgabe des renommierten
Filmfestivals begleitet. Nachdem bereits der „kulturMontag“ am 13.
Oktober einen Ausblick auf das Ereignis gab, bei dem der ORF mit fünf
im Rahmen des Film/Fernseh-Abkommens kofinanzierten Produktionen (
„Mother’s Baby“, „White Snail“, „Elements of(f) Balance“, „Melt“ und
„No Mercy”) vertreten war, bringt zum Auftakt der „Langen Nacht“ die
Sondersendung „Viennale Spezial“ (23.15 Uhr) eine Zusammenfassung der
Festivalhöhepunkte. Danach stehen die TV-Premieren zweier, ebenfalls
vom ORF unterstützter und preisgekrönter heimischer Kinoproduktionen
auf dem Spielplan: der im Vorjahr bei der Viennale gelaufene
Dokumentarfilm „Dear Beautiful Beloved“ (23.45 Uhr) von Juri
Rechinsky über soziale Aspekte des Kriegsalltags im Hinterland der
Ukraine und Nathalie Borgers Doku „Nach der Flucht – The Remains“ (
1.20 Uhr) über die Flüchtlingskrise sowie deren Opfer und
Hinterbliebene. Außerdem: Am Dienstag, dem 28. Oktober, zeigt ORF 1
den Spielfilm „Waren einmal Revoluzzer“ (0.55 Uhr) von Johanna Moder
(heuer mit „Mother’s Baby“ im Viennale-Programm) als Dacapo.

„Viennale Spezial“ (23.15 Uhr)

Das „Viennale Spezial“ mit ORF-Filmexperte Christian Konrad wirft
zum Ende des Filmfests einen Blick zurück auf die spannendsten
Produktionen sowie Retrospektiven und lässt interessante Stargäste
wie u. a. Oscarpreisträgerin Juliette Binoche oder das junge
österreichische Regieduo Elsa Kremser und Levin Peter ebenso zu Wort
kommen wie Viennale-Direktorin Eva Sangiorgi und den neuen Viennale-
Präsidenten und deutschen Filmemacher Christian Petzold.

„Dear Beautiful Beloved“ (23.45 Uhr)

Der Krieg in der Ukraine verwandelt Häuser in Staub und Menschen
in Zahlen. Während die Kämpfe an der Front zum traumatisierenden
Alltag geworden sind, entstehen in der Gesellschaft notgedrungen neue
Formen der Fürsorge. Genau hier – jenseits der täglichen
Nachrichtenbilder – setzt der Dokumentarfilm „Dear Beautiful Beloved“
von Regisseur Juri Rechinsky an. Er richtet den Blick auf die stille,
oft übersehene Front: auf Menschen, die mit unermüdlichem Einsatz
Menschenleben retten, bevor es zu spät ist. Tag für Tag, Nacht für
Nacht evakuieren sie Kranke und Alte, pflegen Verletzte, errichten
mobile Krankenstationen und organisieren Fluchtrouten. Inmitten des
Ausnahmezustandes entwickeln sie neue Strukturen, die zu Schutzräumen
werden, in der sie Nähe finden und ihre Würde gewahrt wird.
„In meinem ganzen Leben habe ich noch nie so eine Reise gemacht“,
erklärt eine alte Frau. Gemeinsam mit anderen Menschen, die krank
oder allein sind, nicht mehr gehen oder sehen können, sitzt sie in
einem Zug, der sie in Sicherheit bringen soll. Die Antwort, die sie
bekommt, lautet: „Es wird alles gut.“

Mit großer Behutsamkeit begleitet der Film Menschen, deren Alltag
geprägt ist von Vertreibung, Ungewissheit, Verlust und Angst. Doch
zwischen Schmerz und Trauer gibt es auch stille Momente der
Solidarität, des Humors und einer erstaunlichen Widerstandskraft.
Neue Strukturen von Schutz, Sicherheit und Würde entstehen, während
der Krieg das tägliche Leben prägt. „Dear Beautiful Beloved“ gibt
Einblicke in Überlebensstrategien, in einer Zeit, in der der
Ausnahmezustand zur Normalität geworden ist. Der Regisseur bleibt mit
seiner Kamera dabei stets respektvoll auf Abstand. Seine Bilder sind
ruhig, klar und erschütternd ehrlich. Getragen von einem tiefen
Vertrauen in die Menschlichkeit jener, die handeln, weil niemand
sonst es tut.

„Nach der Flucht – The Remains“ (1.20 Uhr)

Zertrümmerte Teile von Schiffen, Gummifetzen von Schlauchbooten,
angeschwemmte Habseligkeiten und Halden an Schwimmwesten: An die
Küste der ägäischen Insel Lesbos angespülte Relikte sind stumme
Zeugen von Fluchterfahrungen, zerschellten Hoffnungen und
menschlichen Tragödien. Regisseurin Nathalie Borgers gibt in ihrem
preisgekrönten Dokumentarfilm „Nach der Flucht – The Remains“ den
Namenlosen und ihren Angehörigen Gesichter, stellt den nüchternen
Zahlen – allein mehr als 30.000 Menschen haben auf ihrer Überfahrt
nach Europa im Mittelmeer den Tod gefunden – ihren Blick auf
unmittelbar Betroffene und deren Schicksale entgegen. Der Film geht
in subtiler Weise den sichtbaren und unsichtbaren Spuren nach, die
die Fluchtbewegungen bei den Überlebenden, aber auch bei jenen, die
sich an die Seite der Flüchtenden stellten, hinterlassen haben.

Auf Lesbos, wo viele Geflüchtete auf ihrem Weg nach Europa
gelandet sind, lässt die Filmemacherin beeindruckende Menschen zu
Wort kommen, die sich in ihrer täglichen Arbeit extremen Notlagen und
dem Tod stellen müssen. Die griechische Küstenwache schult
Mitarbeitende des Internationalen Roten Kreuzes im Umgang mit
Leichen, um eine spätere Identifizierung zu ermöglichen. Geflüchtete
recyceln den Plastikmüll. Ein Friedhof entsteht, auf dem statt eines
Namens und der Geburts- und Todesdaten nur der Hinweis „Agnostos –
Unbekannter“ und ein Datum der Bergung zu lesen sind.

Eine zweite Erzählebene führt nach Wien, zu dem aus Syrien
geflüchteten Farzat Jamil. Er hat Asylstatus erlangt und kann am
Wiener Flughafen auch den Vater und drei seiner Schwestern wieder in
die Arme nehmen. Doch hinter dieser emotionalen Wiedervereinigung
steht auch der hohe Preis, den Farzats Familie für ein Leben in
Europa bezahlt hat: 13 Familienmitglieder sind seit dem Kentern des
Bootes auf der kurzen Überfahrt von der Türkei nach Griechenland
verschollen. Ein Bruder lebt in Deutschland und darf nicht zu seinen
Verwandten nach Wien übersiedeln. Nur Medikamente gewähren Schlaf und
etwas Ruhe, Trost jedoch ist keiner zu finden. Denn zum Schmerz über
den Tod der geliebten Menschen kommt das Bewusstsein, sie den
Meerestiefen überlassen zu müssen, ohne von ihnen Abschied nehmen,
ohne sie je begraben zu können.