Pensionssystem: Experten fordern Weiterentwicklung der zweiten Säule

Wien (OTS) – In der historischen Säulenhalle der Wiener Börse
versammelten sich
gestern am 5. Dezember 2025 rund 50 Vertreterinnen und Vertreter aus
Finanzwirtschaft, Wissenschaft, Politik und Medien, um über zentrale
Reformfragen der zweiten Säule im österreichischen Pensionssystem zu
diskutieren. Die Veranstaltung fand im Rahmen der ÖVFA „Initiative
Kapitalmarkt Österreich“ statt. Im Zentrum stand die
Weiterentwicklung der Pensionskassen, der geplante
Generalpensionskassenvertrag sowie die Frage, wie die Abfertigung Neu
moderner, flexibler und breiter nutzbar werden kann.

Zwtl.: Reformbedarf im Fokus

Die zweite Säule – bestehend aus Pensionskassen und der
Abfertigung Neu – bildet das kapitalgedeckte Fundament der
betrieblichen Vorsorge und gewinnt angesichts aktueller Reformpläne
weiter an Bedeutung. Ihre Rolle für die langfristige Stabilität des
Pensionssystems rückt damit stärker in den Fokus. Paul Severin, ÖVFA-
Vorstandsmitglied und Moderator, betonte: „Die Frage ist nicht mehr,
ob wir mehr Kapitaldeckung brauchen – sondern wie wir sie sozial
ausgewogen und nachhaltig gestalten. Eine Modernisierung betrifft
auch bestehende Systeme wie die Abfertigung Neu.“ Mehr
Wahlmöglichkeiten und flexible Modelle könnten insbesondere für junge
Beschäftigte ein zusätzliches Vorsorgepolster schaffen.

Zwtl.: Ohne kapitalgedeckte Elemente geht es nicht mehr

Die Diskussion zeigte klar: Die Reform der zweiten Säule ist
komplex und betrifft mehrere Ebenen des Systems. Hanno Lorenz, Ökonom
und stellvertretender Direktor der Agenda Austria, betonte: „Andere
europäische Länder zeigen auf, dass die zweite Säule eine wichtige
Ergänzung zur öffentlichen Altersvorsorge darstellt, um das System
nachhaltig zu stabilisieren. Österreich hat hier Aufholpotenzial.“
Einen anderen Zugang hat David Mum, Leiter der Abteilung
Wirtschaftspolitik der Gewerkschaft GPA: „Für die künftige
Finanzierbarkeit der Pensionen ist nicht die Frage der Kapitaldeckung
entscheidend, sondern vielmehr die zugrundliegende ökonomische
Fundierung der Ansprüche – also das Niveau der künftigen
Wertschöpfung. Im Sinne einer zusätzlichen Absicherung im Alter ist
es aber jedenfalls zu begrüßen, wenn über den
Generalpensionskassenvertrag allen Erwerbstätigen die 2. Säule
geöffnet wird.“ Demografie-Experte Rainer Münz: „Wir werden älter,
wir leben länger, und es kommen immer weniger Menschen auf den
Arbeitsmarkt. Deshalb brauchen wir eine zweite Säule, die nicht von
den Sozialversicherungsbeiträgen abhängt. Die lohnt allerdings nur,
wenn sich die Einzahlungen für die Versicherten effektiv im Schnitt
um fünf Prozent oder mehr pro Jahr verzinsen.“ Stefan Pichler,
Geschäftsführer des Fachverbandes der Pensions- und Vorsorgekassen in
der Wirtschaftskammer Österreich (WKO), unterstreicht den Nutzen für
alle Österreicher: „Mit der betrieblichen Altersvorsorge sollen
künftige alle Menschen in Österreich die Chance haben, erfolgreich an
den Erträgen der Kapitalmärke teilzuhaben. Aktuell erhalten die
Bezieher im Schnitt 14-mal pro Jahr 428 Euro – das ist eine
Zusatzpension, die gerade in Zeiten der Teuerung jeder Pensionist gut
gebrauchen kann.“

Zwtl.: Generalpensionskassenvertrag muss praxistauglich sein

Trotz unterschiedlicher Zugänge zeigte sich ein breiter
inhaltlicher Konsens: Die zweite Säule braucht klarere gesetzliche
Rahmenbedingungen, niedrigere Hürden für Betriebe – insbesondere KMU
– sowie verständliche, kosteneffiziente Modelle für alle
Erwerbstätigen. Die Diskutanten betonten, dass der
Generalpensionskassenvertrag praxistauglich ausgestaltet sein muss
und die Abfertigung Neu nur dann ihr Potenzial entfaltet, wenn echte
Wahlmöglichkeiten und transparente Informationen gegeben sind. Ebenso
wurde hervorgehoben, dass kapitalgedeckte Vorsorge die staatliche
Pension klar ergänzen, nicht ersetzen soll. Severin resümierte: „Wenn
wir wollen, dass Vorsorge wieder positiv besetzt ist, brauchen wir
Mut zur Modernisierung – bei gleichzeitiger sozialer Ausgewogenheit.“

Fotolink zu den Bildern der Veranstaltung:
Credit: ÖVFA/ Martin Hörmandinger

Zwtl.: Über die ÖVFA / Initiative Kapitalmarkt Österreich

Die Österreichische Vereinigung für Finanzanalyse und Asset
Management (ÖVFA) ist die führende Plattform für Finanzanalyse,
Investmentexpertise und Kapitalmarktdialog in Österreich. Der
Arbeitskreis „Initiative Kapitalmarkt Österreich“ setzt sich für eine
Weiterentwicklung der Rahmenbedingungen am österreichischen
Kapitalmarkt und für eine stärkere finanzielle Bildungs- und
Vorsorgekultur ein.